Der Widerspenstigen Zähmung (2019)
Der widerspenstigen Theatergruppe Zähmung – Randnotizen einer Spielleiterin
1. Kapitel: Stückauswahl und Besetzung
Eine laue Freitagnacht im März 2018. Die Premiere von Shakespeares „Die zwölfte Nacht“ ist gut gelaufen, in der Aula tobt auf der Bühne die Premierenfeier.
Ich, etwas abseits, versuche Ruhe zu finden. Doch im Kopf fangen schon wieder die Gedanken an zu kreisen: Was soll nächstes Jahr auf dem Spielplan stehen? Die Conditio sine qua non: Es muss ein Stück mit schönen Rollen für die Q12-er sein, die sich als Q11-er bis auf Sina dieses Jahr mit kleineren Rollen begnügt haben. Gerade für Lisa muss es etwas ganz Besonderes sein.
Wie immer kommt mir Shakespeare zu Hilfe. Die Rolle der Katharina aus „Der Widerspenstigen Zähmung“ ist Lisa wie auf den Leib geschrieben. Dann kann Lena die Bianca und Alina eine der großen Freier-Rollen übernehmen. Randolph wird sich schon davon überzeugen lassen, dass die Rolle des Petruchio die Mühe des Textlernens wert ist. Und für Sina haben wir die schöne (und sehr komische) Rolle von Petruchios Diener. Passt. Alles weitere wird sich finden.
2. Kapitel: Musikalisches Beiwerk
Ein heißer Freitagvormittag im Juli 2018. Beim Abschlussgottesdienst singt ein Vokalensemble unter der Leitung von Eva Gönner einen Gospelsong. Und sie singen Soli! Phantastisch. Die Jungs und Mädels muss ich diesmal dabei haben.
Montagabend vor dem ersten Schultag. Plaudere mit Gerhard Völkl, für den das Schuljahr 2018/19 das letzte Dienstjahr sein wird. Ich frage ihn, ober er nicht Lust hätte, ein letztes Mal mit mir Oberstufentheater zu machen.
(An dieser Stelle eine kleine Fußnote für die jungen Leser: In meinen ersten Jahren als Spielleiterin brachte das Team VOE/PFF grandioses Musiktheater auf die Bühne. Brechts „Dreigroschenoper“ im Jahr 2001 und 2004 dann „Ab heute heißt du Sara“, ein Stück in der Brecht/Weill‘schen Tradition mit vielen Songs.
Gerhard hat Lust, aber aus organisatorischen Gründen einigen wir uns zusammen mit Eva Gönner auf ein Konzept, das Jazzband, Chor und Theatergruppe unabhängig voneinander zu arbeiten erlaubt.
Gerhard übernimmt den Part der Ouvertüren zu Stückanfang und nach der Pause sowie weitere Umbaumusiken. Eva gebe ich ein Skript, in das ich eingearbeitet habe, welche Songs ich mir an welcher Stelle vorstellen könnte, wie z. B. „Going to the Chapel“ und „Under my Thumb“. Diese Songs erarbeiten sich die jungen Sängerinnen und Sänger und steuern ihre eigenen Vorschläge bei. So gelangen wunderbare Stücke wie „Turning Tables“ und „City of Stars“ auf die Bühne.
3. Kapitel: Bühnenbild, Kostüm und Maske
Diese Konzepte werden bei verschiedenen Arbeitsessen im Hause Pfeiffer-Schneider erarbeitet.
Da die Inspizienz diese Spielzeit sehr dünn besetzt ist (in Spitzenzeiten 5, im Durchschnitt aber 2,5 …) steht von Anfang an fest, dass wir mehr denn je auf die Grundprinzipien der Shakespeare-Bühne zurückgreifen werden – ein schön gestalteter Bühnenhintergrund (Vorhänge, Boden etc.) mit äußerst sparsamer Möblierung. Wir einigen uns noch vor dem Nachtisch auf eine Holzoptik für den Boden (ein absolutes Novum!) und was den Rest angeht ... Ein Einkaufsbummel bei TEDOX, dem Geschäft unseres Vertrauens, wird uns schon inspirieren.
Weitaus schwieriger ist die Kostümfrage. Ich will unbedingt für Lisa und Lena tolle Kleider mit langen, weitschwingenden Röcken haben. Selber nähen wie die diversen Morgenmäntel, die auf der Bühne zu sehen sein werden? Das traue ich mir nun doch nicht zu. Doch dann die rettende Idee: Seit Jahren hängen im Fundus ein Dutzend Brautkleider (eine großzügige Schenkung aus dem Jahr 2013). Da müsste doch was zu machen sein.
Aber wie bekommen wir die „Brautkleidoptik“ los? Sie mit einer zweiten, farbigen Stoffschicht umhüllen? Möglich, doch sehr aufwändig. Färben! Aber wie? Ein Versuch in meiner Waschmaschine mit einem handelsüblichen Mittel scheitert kläglich – auf dem Versuchskleid sieht man nur einen Hauch von Zartrosa ... kräftig rosa sind dann allerdings die weißen Handtücher, die mein Mann eine Woche später wäscht.
Dann also die etwas grobe, aber wahrscheinlich kreativere Lösung. Wir bemalen bzw. „sprayen“ die Kleider. Bingo!
Bei der Maske habe ich als begeisterter Fan von RuPaul‘s Drag Race ganz dezidierte Vorstellungen: laut und bunt und viel! Den „Schminkies“ fällt es zunächst etwas schwer, so radikal zu arbeiten. Aber nach einem rigorosen Verbot von allen natürlichen Braun-rosa-Tönen kommen wir zum Ziel:
4. Kapitel: Probenarbeit
Die Probenarbeit gestaltet sich dank des neuen Konzepts für den Nachmtitagsunterricht, der nur noch am Montag, Dienstag und Donnerstag stattfinden darf, schwierig. Der Mittwoch bietet sich an, ist dann aber von unzähligen Konferenzen, Fachsitzungen etc. belegt. An den anderen Wochentagen ist es unmöglich, vor 17:00 Uhr die verschiedenen Jahrgänge probentechnisch unter einen Hut zu bringen. Bleibt nur noch der Freitag ...
Irgendwie schaffen wir es dann doch zu proben (darunter dreimal am Wochenende!) und tun das unter höchstem Einsatz. An dieser Stelle böte es sich an, auf die diversen Bänderrisse hinzuweisen, die sich Spielleiterin und Schauspieler bei den Proben zugezogen haben. Aber Jammern hilft nichts, das Theater ist uns jedes Opfer wert.
5. Kapitel: Die heiße Phase
Sieben Tage, in denen sich alles nur noch um das Theater dreht: Bühnenaufbau, Feintunen von Maske und Kostüm und Proben, Proben, Proben ...
Am Premierenabend bestätigt sich dann, was wir schon bei der gelungenen Generalprobe vermutet haben: Wir haben wieder einmal alles richtig gemacht! Die Backstage-Teams leisten vor und während der Aufführung hervorragende Arbeit. Die Musiker, Sänger und Schauspieler genießen das Rampenlicht und haben ihren Spaß. Das Publikum ist begeistert.
Bleibt mir nur, mich bei allen Beteiligten zu bedanken, ganz besonders aber bei meinen Kollegen Eva Gönner und Gerhard Völkl, die den Abend zu einem musikalischen Hochgenuss gemacht haben.
Mein Dank geht auch an Herrn Demel und den AK Feste für ihre Hilfe und Unterstützung!
Margit Pfeiffer-Schneider (Leiterin des Oberstufentheaters)